Darstellung des Mieterstrommodells
am Beispiel der Erfahrungen mit zwei insgesamt 23 kw/p großen Photovoltaikanlagen
auf dem Dach und dem Carport eines Mehrparteienhauses.
Von Dr. Reinhard Nacke, Düsseldorf
Planungs- und Errichtungsphase
Die beiden Beispielsanlagen wurden vom Autor (nachfolgend Stromversorger oder SV) 2018 und 2019 auf und an einer Immobilie aus 1995 errichtet. Es handelt sich um ein 6-Familienhaus mit 9 Stellplätzen südlich des Hauses.
Auf dem Hausdach befindet sich eine ältere thermische Solaranlage. Das Haus verfügt über ein weiteres Satteldach mit östlicher und westlicher Ausrichtung. Auf diesem wurde eine der Anlagen errichtet. Die Leistung beläuft sich auf gut 8 kWp.
Der Anschluss an den Verteiler im Keller des Hauses gestaltete sich dank der bereits bei Errichtung des Hauses erfolgten Verlegung von Leerrohren simpel.
Für eine zweite Anlage wurde auf dem Parkplatz ein Flachdach Carport für 6 KFZ errichtet. Die Bedachung besteht aus Solarmodulen, die direkt auf die Holzkonstruktion aufgebracht wurden. Die Module wurden so ausgewählt, dass sie eine hohe Transparenz von 20 % aufweisen. Ferner sind sie absturzsicher, da die sogenannten Glas-Glas Module die Solarzellen auf beiden Seiten mit Glas bedecken statt mit Glas auf einer und Folie auf der anderen Seite. Die Dächer können daher z.B. zu Reinigungszwecken begangen werden. Der Nachteil der geringeren Effizienz dieser Module wurde bewusst in Kauf genommen, auch deswegen, weil der Hersteller auf diese Art von Modulen eine Garantie von 30 Jahren geben kann.
Diese Anlage leistet bei 64 Modulen mit je 165 Watt ca. 15 kWp.
Die Errichtung der Carports erfolgte durch ein auf Holzbau spezialisiertes Unternehmen, welches auch die Planung, Statik und Einholung der Baugenehmigung übernahm. Mit diesem schloss die Bauherrin auf der Basis der Vorlagen des Unternehmens Verträge, die eine spezifizierte Baubeschreibung, sämtliche zu erbringenden Leistungen und einen Bauzeitenplan mit einzelnen Milestones enthielt. Dies war gut so, denn leider wurde das Unternehmen dem hohen Anspruch, den es in seiner Werbung an sich stellt, nicht gerecht. Nicht gerecht wurde es auch dem recht stolzen Preis von Preis.
Zunächst entsprach die Ausführung nicht der von dem Unternehmen vorgelegten Planung (streitig), zumindest aber nicht der Logik und den Vorgaben der Bauherrschaft. Da einzelne Stellplätze unnötiger Weise zu schmal hergestellt wurden, mussten die fast fertigen Holzkonstruktionen wieder aufgenommen, neue Balken zugeschnitten und der Carport neu errichtet werden.
Als nächstes stellte sich heraus, dass auch die Qualität der aus Weichholz bestehenden Balken ebenso wie die Beschläge teilweise unzureichend war. Nach langem juristischen Schriftwechsel erkannte das Unternehmen nach und nach auch hier die Schwäche der eigenen Rechtsposition und ließ zumindest den Großteil der Mängel durch Handwerker beseitigen, die als Subunternehmer fungierten.
Als ähnlich chaotisch erwies sich am Ende der Subunternehmer, der vom Carportwerk für die Solaranlage engagiert worden war. Wie sich herausstellte, handelte sich um einen inhabergeführten Kleinstbetrieb. Der Vorteil war, dass der Inhaber selbst die Arbeiten ordentlich und schnell durchführte, weswegen der SV ihn auch mit der Errichtung der Solaranlage auf dem Dach des Hauses beauftragte.
Nachdem die Arbeiten im Wesentlichen fertiggestellt waren und der Preis bezahlt war, war die Firma aber so gut wie nicht mehr zu erreichen.
Insbesondere wirkte sich das auf die Möglichkeiten des Monitoring der Anlage über die Wechselrichter aus. Es besteht die Möglichkeit, über eine App des Wechselrichterherstellers auch aus der Ferne zu überwachen, ob die Anlage ordnungsgemäß funktioniert. Dazu sind einige Schritte zu unternehmen. Verschiedentliche Aufforderungen blieben erfolglos.
Im Beispielsfall erübrigte sich das, nachdem der SV auch einen TESLA Stromspeicher (13,5 kWh) einbauen ließ. Der verfügt über ein Gateway, über das auf dem Handy abgelesen werden kann, wieviel Strom gerade produziert, wieviel im Haus verbraucht oder in das öffentliche Netz eingespeist wird.
Auf diese Weise konnte der SV aus der Ferne feststellen, dass die Wechselrichter am Anfang auch schon einmal auf Störung gingen, was sich aber in den zwei folgenden Jahren nicht wiederholte.
Auf den Solarspeicher, den TESLA für ca. 8.000 Euro incl. Montage anbot, gewährt der Hersteller eine zehnjährige Garantie.
Auch der Speicher wurde erst mit erheblicher Verzögerung geliefert. TESLA bezahlte aber den Ausfall an Einnahmen verursacht dadurch, dass Strom tagsüber ins Netz eingespeist wurde, statt ihn für die Mieter zu speichern. Dieser Ausfall errechnet sich aus der Differenz zwischen dem Strompreis, den die Mieter pro kWh an den SV zahlen und dem erheblich niedrigeren, den der SV vom Verteilnetzbetreiber für den ins Netz eingespeisten Strom erhält.
Implementierung des Mieterstrommodells
Es war klar, dass einiges an regulatorischen und juristischen Themen abzuarbeiten waren, bevor das geplante Mieterstrommodell an den Start gehen konnte. Daher war geplant, die Implementierung und den Betrieb von einem hierauf spezialisierten Unternehmen vornehmen zu lassen.
Schnell stellte sich aber heraus, dass die wenigen in Betracht kommenden Unternehmen kein Interesse bei Immobilien mit einer relativ überschaubaren Anzahl von Einheiten haben. Der Aufwand steht in keinem gesunden Verhältnis zu dem, was man von einem solchen Auftraggeber vernünftiger Weise als Gegenleistung verlangen kann.
Es blieb also nur die Möglichkeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Mit eigenem juristischen und steuerlichen Hintergrund sollte das kein Problem sein, wenn man die Dinge möglichst einfach gestaltete. Dies erwies sich bei Erfüllung der regulatorischen Vorgaben als nicht unproblematisch, allerdings weniger aus juristischer oder steuerlicher als aus IT Sicht.
Zunächst musste die Registrierung jeder Anlage und auch des Stromspeichers bei der Bundesnetzagentur bewerkstelligt werden. Dank der Digitalisierung der Abläufe bei der Agentur ist das nicht mit einem Anruf oder einer Mail getan. Vielmehr müssen Formulare heruntergeladen und deren jeweils ca. 30 Fragen beantwortet werden, bevor die Formulare an die Bundesnetzagentur zu mailen sind.
Ganz elektronisch ist dann die Registrierung im Marktstammdatenregister vorzunehmen. Das wird zwar von der o.a. Bundesnetzagentur geführt. Trotzdem ist aus welchem Grund auch immer eine gesonderte Registrierung im Register erforderlich. Das Problem wird noch dadurch verschärft, dass die Registrierung eine gute Auffassungsgabe in EDV technischer Hinsicht und viel Zeit und Geduld erfordert.
Dann gab es die Pflicht, für die Anlage die EEG Umlage zu errichten (zwischenzeitlich für Anlagen unter 30 KW abgeschafft). Dazu war eine weitere Registrierung erforderlich, und zwar im Netzwirtschaftlichen Portal des Übertragungsnetzbetreibers. In dieses kann man nach Registrierung voraussichtliche und endgültige Verbräuche eingeben, die dann wiederum die Höhe der EEG Umlage bestimmen. Auch hier viele nicht immer einfach zu verstehende und zu beantwortende Fragen. Dazu die üblichen Probleme mit wenig benutzerfreundlichen Bedienoberflächen.
Weiter hat sich der SV um Kunden für den produzierten Strom zu kümmern. Ziel muss es sein, möglichst viel des produzierten Stroms nicht zu einem geringen und immer weiter abnehmenden Preis (je nach Inbetriebnahme) ins Netz einzuspeisen, sondern an Kunden, nämlich an die Mieter zu verkaufen. Dazu bedarf es eines für die Mieter attraktiven Angebots, das auch Skeptiker unter ihnen veranlasst, darauf zu vertrauen, dass sie über das Mieterstrommodell grünen, vor Ort produzierten Strom günstiger und mindestens ebenso sicher beziehen zu können wie aus dem Netz.
Das Mittel war ein Vertrag, bei dem der Preis für den Strom nicht nur die gesetzlich vorgeschriebenen 10 % unter dem Preis des sogenannten Grundversorgers liegt. Da der Grundversorger eine Belieferungspflicht hat und daher seine besonderen Risiken kompensieren muss, ist sein Preis vergleichsweise ungünstig und wird vielfach unterboten.
Des weiteren gewährte der SV kostenlose Monate zum Ausprobieren und eine Preisgarantie für ein Jahr. Weiter garantierte er 100 % Ökostrom, also auch soweit er von ihm mangels eigener Produktion zuzukaufen ist. Auch der Preis dieses Stroms unterscheidet sich nach dem den Mietern unterbreiteten Angebot nicht von dem des selbst produzierten.
Vor Allem verzichtete der SV auf eine Grundgebühr. Dies vermeidet zum Einen Verwaltungsaufwand, auch beim Mieterwechsel. Zum Anderen erscheint die Grundgebühr nicht notwendig, denn Mieter in einem Mehrfamilienhaus verbrauchen immer, und zwar in verlässlicher Höhe.
Andererseits verpflichten sich die Mieter in dem Vertrag, den Zählerstand bei Bedarf zu Abrechnungszwecken an den SV zu melden (wäre nicht notwendig bei erheblich teureren digitalen Zählern statt der verwendeten gebrauchten, neu geeichten analogen Zähler), was den Verwaltungsaufwand für den nicht vor Ort wohnenden SV reduziert.
Bei all dem waren auch die weiteren Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes für die Vertragsgestaltung mit den Mietern zu beachten. Insbesondere darf der Mieter nicht gezwungen werden, den Strom des Vermieters abzunehmen.
Weiter war ein Vertrag für den einzuspeisenden Strom mit dem zuständigen Verteilnetzbetreiber (hier der Westnetz) erforderlich. Der ist auch zuständig für die Auszahlung des sogenannten Mieterstromzuschlags an den SV.
Schließlich war sicher zu stellen, dass der SV jederzeit in der Lage ist, Strom zu liefern, also auch wenn die Sonne nicht scheint und der Speicher leer ist. Es war also ein Vertrag mit einem der Stromversorger abzuschließen, der eine ausreichende Sicherheit, grünen Strom und günstige Tarife bietet.
Steuerlich war zu beachten, dass der SV Umsatzsteuer zu entrichten hat, also auch monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben muss.
Einkommenssteuer ist auf die Überschüsse auch zu entrichten, wobei die Abschreibung hilft, diese zu reduzieren.
Wirtschaftliche Betrachtung
Die Kosten der Errichtung der PV Anlagen auf dem Hausdach und auf dem Carport (ohne Kosten der Holzkonstruktion des Carports) beliefen sich auf gut 65.000 Euro netto. Der Stromspeicher schlug mit 7.000 Euro netto zu Buche.
In dem Abrechnungsjahr 2020/2021 (Ende des Abrechnungszeitraums ist die Jahresmite) stellte sich die Einnahmen/Ausgabensituation netto und in Euro grob wie folgt dar.
Einnahmen
Mieterzahlungen
für Strom (0,21/kwh) 3.270
Einspeisevergütung 860
Mieterstromzuschlag 240
Summe 4.370
Ausgaben
EEG-Umlage weggefallen 2021 –
Strombezug (0,23/kwh) 1.350
Steuerberatung, Versicherung 500
Abschreibung (3,3% von 72.000) 2.376
Summe 4.226
Umsatzsteuer wurde bei dieser Berechnung außer Betracht gelassen, weil der SV in der Regel den Vorsteuerabzug bei Errichtung der Anlage in Anspruch nehmen wird und im Gegenzug auf die Einnahmen Umsatzsteuer berechnen wird, die er an die Mieter weitergibt. Für die Renditeberechnung bleibt die Umsatzsteuer also ein Nullsummenspiel.
Der Überschuss ohne Finanzierungskosten belief sich also 2021 trotz Wegfalls der EEG Umlage für die Anlagen vor Steuern auf nur ca. 140 Euro.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Berechnung bei der Abschreibung unterstellt, dass die Anlage nach 30 Jahren komplett erneuert werden muss. Das entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Aktuell geht man bei Solarmodulen von einer Nutzungsdauer von erheblich über 30 Jahren aus. Die meisten Hersteller gewähren schon eine Garantie von 30 Jahren.
Ferner waren 2021 die Einnahmen für ein gutes Ergebnis zu gering. Das hätte neben dem für die Mieter günstigen "Einführungspreis" darauf zurückzuführen sein können, dass NRW gerade in den 3 Monaten Juni bis August sonnenarm war. Während die Sonne 2019 an 740 Stunden schien, waren es 2021 nur 535 Stunden (Quelle: statista). Im Bundesdurchschnitt waren es 2021 immerhin 615 Stunden. Dementsprechend produzierten die Anlagen 2020 noch 15,59 Mwh und in 2021 nur 14,45 Mwh. Legt man dies zugrunde, wären die Einnahmen aus dem Stromverkauf an die Mieter um knapp ca. 300 Euro höher gewesen, vorausgesetzt, der zusätzliche Strom wäre von den Mietern abgenommen worden. Das wäre aber wohl nicht der Fall gewesen. Der Hausverbrauch sank nämlich unter die Produktion. Die Mindereinnahmen sind wohl mehr auf erfolgreiche Einsparungen der Mieter als auf zu wenig Sonne zurückzuführen.
Auch angesichts der augenblicklich bei anderen Geldanlagen meist nicht rosigen Renditen war das Ergebnis nicht zufriedenstellend. Hieran ändert sich auch nichts, wenn man den Effekt der Abschreibung bei der Einkommenssteuer berücksichtigt: das zu versteuernde Einkommen des SV minderte sich um die 5 % ige steuerliche Abschreibung, also um 3.600 Euro (5 % von 72.000 Euro).
Blickt man in die Zukunft, sieht es wegen auf absehbare Zeit steigender Energiepreise deutlich positiver aus. Es werden die 25 ct/kwh brutto (0,21 Euro netto), die der SV den Mietern berechnet, keinen Bestand haben müssen. Wenn die festen Preisvereinbarungen auslaufen, wird eine Anpassung mit Augenmaß möglich und (schon wegen des steigenden Einstandspreises) erforderlich sein. Selbst bei einer Erhöhung auf z.B. 35 ct/kwh brutto (0,294 ct/kwh netto) in 2022 wird der Strom für die Mieter unschlagbar günstig bleiben. Dies um so mehr, als der SV, wie ausgeführt, keine Grundgebühr verlangt. Der Duisburger Anbieter Rheinpower bietet seinen Strom laut Verivox am 21. Januar 2022 zu im Vergleich mit anderen Anbietern verbraucherfreundlichen 40 ct/kwh brutto an und berechnet dazu eine bei 187 Euro brutto liegende Grundgebühr. Mit jeder weiteren Strompreiserhöhung verbessert sich das Jahresergebnis, da die Abschreibung gleich bleibt. Sollten sich die Kosten für Solarmodule weiter ermäßigen, könnte sich mit dieser hohen Abschreibung sogar eine Art stille Reserve bilden. Sollte allerdings der Strompreis dereinst generell sinken, z.B. weil sich Strom aus erneuerbaren Energien billiger erzeugen lässt als mit konventioneller Produktion, könnte der Druck auf die Rendite auch wieder zunehmen.
Positive Effekte sind von den 3 Wallboxen zu erwarten, die kurzfristig in dem Carport angebracht werden sollen. Angesichts der Förderung durch die KfW mit 900 Euro pro Wallbox liegen die Kosten inclusive Installation bei „nur“ 1.600 Euro netto für die 3 Wallboxen. Wechselstrom für Elektrofahrzeuge wird aktuell an öffentlichen Ladesäulen der Stadtwerke Düsseldorf zu Preisen um 40 ct/kwh brutto angeboten. Die Vermarktung als Ladestrom ermöglicht also eine Verbesserung der Rendite. Dies nicht zuletzt deswegen, weil der Verbrauch vor Ort steigt und die wenig einbringende Einspeisung reduziert wird. Um dieses Potential zu heben, ist eine dritte Solaranlage in Planung: die südliche Hauswand enthält mittig eine große frei Fläche, geradezu prädestiniert für diesen Zweck.
Stand: 24.01.2022, Copyright: Dr. Reinhard Nacke, Königsallee 14, 40212 Düsseldorf
Leistungen der Kanzlei Dr. Reinhard Nacke zum Mieterstrommodell